WIE ZU EINER VERANSTALTUNG IN DER PASSIONKIRCHE EINGELADEN WURDE

Wie zu einer Veranstaltung in der Passionskirche eingeladen wurde

Im Vorfeld der Anwohner-Informationsveranstaltung vom 24. Januar 2017 in der Passionskirche waren verschiedene, sich gleichwohl ähnelnde Einladungsschreiben des Evangelischen Friedhofsverbands Berlin Stadtmitte aufgetaucht, in denen die Verantwortlichen erklärten, das Bezirksamt habe dem Bauvorhaben an der Jüterboger Straße bereits 2015 zugestimmt. Um es schon mal vorweg zu sagen: Nicht nur das sollte sich noch während der Veranstaltung als Desinformation herausstellen. Doch der Reihe nach:

Auf dem Friedhofsgelände dürfte das dort ausgehängte Einladungsschreiben vielen der Interessierten die Stimmung verdorben haben, stand darin doch: „Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hat diesem Bauvorhaben am 01.12.2015 einstimmig zugestimmt.“ [1] Auch den Beschäftigten des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO) flatterte eine solche Meldung – wenn auch leicht abgewandelt – ins Haus: „Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hat am 1.12.2015 dazu einstimmig Grünes Licht gegeben.“ [2] Sollte das wirklich zutreffen und all jenen, die dem Vorhaben kritisch gegenüber stehen, entgangen sein? Einzig im Schaukasten der Passionskirche verkündete Pfarrer Jürgen Quandt etwas vorsichtiger: „Ab 21.01.2017 wird der Grundriss des Baukörpers mit Flatterband vor Ort gekennzeichnet.“ [3] Pfarrer K.-Eckehard Gahlbeck ließ hingegen noch während der laufenden Veranstaltung im Namen des Friedhofsverbands ein Papier verteilen, in dem zu lesen war: „Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hat am 1.12.2015 einstimmig beschlossen, das Projekt zu unterstützen und fand den gewählten Ort und die Beteiligten richtig.“ [4] Wohl um erst gar keine Zweifel aufkommen zu lassen, gelangte diese Nachricht auch auf die Website der Kirchengemeinde Heilig Kreuz – Passion: „Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hat diesem Bauvorhaben am 01.12.2015 einstimmig zugestimmt. (…) Es handelt sich lediglich um die Randbebauung eines stillgelegten Friedhofsteils an der Jüterboger Straße zur Errichtung einer Flüchtlingsunterkunft. (…) Ab dem 21. Januar 2017 wird ein Grundriss des Baukörpers vor Ort abgesteckt, so dass sich Interessierte ein Bild von der tatsächlichen Lage machen können.“ [5]

Damit war eigentlich alles gesagt. Die Frage war nur noch, ob die Veranstaltung schon vorab zur Farce verkommen war! Kurz vor Beginn schien es jedenfalls so, als hätte der Friedhofsverband sein Ziel bereits erreicht. Doch es sollte ganz anders kommen:

Zwar war der Grundriss von zwei Gebäuden auf diesem „stillgelegte(n) Friedhofsteil“, dort befinden sich noch Grabstellen, mit rot-weißem Flatterband markiert [6], doch kein Bezirksamt hatte diesem Bauvorhaben jemals zugestimmt. Schon gar nicht Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann, die dies denn auch noch während der Veranstaltung freimütig einräumte und folgende Richtigstellung vornahm: „Es hat keinen solchen Beschluss gegeben – nicht einmal einen Bauantrag!“ Die Besucherinnen und Besucher der Veranstaltung staunten nicht schlecht. Es sollte ihnen aber nicht viel nutzen, denn einige Störenfriede aus ANTIFA- und christlichen Kreisen unternahmen während der Veranstaltung fast ununterbrochen den Versuch, kritische Wortmeldungen durch lautes Geschrei zu übertönen. Dabei zeichnete sich eine Frau aus dem Kirchenvorstand dieser evangelischen Kirchengemeinde besonders aus. Doch anstatt die Störer in die Schranken zu weisen, ließ Diskussionsleiter Pfarrer Peter Storck sie gewähren, wodurch es den Kritikern des Projekts fast unmöglich gemacht wurde, ihre Sicht auf die Dinge darzulegen.

Der Friedhofsverband behauptet:

1) Falsch ist die in Unterschriftslisten, die im Kiez ausliegen, aufgestellte Behauptung, der Friedhofsverband plane eine Bebauung der Friedhöfe in der Bergmannstraße.“ Das ist falsch, weil die Bebauungsagegner niemals behauptet haben, der Friedhofsverband wolle die Bergmannfriedhöfe bebauen!

2) „Diese Unterschriftslisten richten sich ausschließlich gegen den Plan des Baues einer Flüchtlingsunterkunft, ohne diese allerdings auch nur zu erwähnen.“ Das ist falsch, weil die Bebauungsgegner niemals behauptet haben, ihre Unterschriftenlisten [7], richteten sich ausschließlich gegen den Plan eine Flüchtlingsunterkunft zu bauen!

3) „Der Friedhofsverband plant lediglich eine Bebauung am Friedhofsrand.“ [8] Es genügt ein Blick auf eine x-beliebige Karte des Friedhofsareals, um zu erkennen, dass sich dieser „Rand“ eben nicht „lediglich“ am Rande des Areals befindet, sondern ziemlich mittig. Sollte der Bau verwirklicht werden, entstünde ein sogenannter Flaschenhals [9], was sich in vielerlei Hinsicht ungünstig auf die Qualität des Gesamtgeländes auswirken würde.

Ist es möglich, dass der Friedhofsverband auf diese Weise Stimmung gegen die Bebauungsgegner machen wollte? Sollten die Kritiker einer Bebauung damit in ein falsches Licht gesetzt werden?!

Die ausgewählte Fläche ist aus vielerlei Gründen für die Bebauung ungeeignet. Es ist absurd, wenn zu einem Zeitpunkt, wo alle vernünftigen Stimmen darauf drängen, innerstädtische Grünflächen zu erhalten und sogar neue auszuweisen, gerade im dicht besiedelten Kreuzberg, eine solche in einem Berliner Flächendenkmal vernichtet würde. Ohnehin liegt die Fläche im Außenbereich (vgl. § 35 BauGB), der grundsätzlich von praktisch jeder Bebauung freizuhalten ist. Leider scheint all dies im Evangelischen Friedhofsverband derzeit nicht weiter zu interessieren. Warum nur?!


[1] Aushang (Ende Dezember 2016 / undatiert) im Schaukasten von Dreifaltigkeitsfriedhofs II, Bergmannstr. 39-41, 10961 Berlin. Verfasser: EVFBS, Pfarrer Gahlbeck, Pfarrer Quandt (als PDF öffnen)
[2] Information (per E-Mail vom 20.12.2016) an die Beschäftigten des Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO), Jüterboger Str. 3, 10965 Berlin. Verfasser: EVFBS (als PDF öffnen)
[3] Aushang (datiert vom 16.01.2017) im Schaukasten der Passionskirche am Marheinekeplatz mit Lageplan (ab dem 21.01.2017) und namentlicher Erwähnung der Podiumsteilnehmer. Verfasser: Pfarrer Jürgen Quandt (als PDF öffnen)
[4] Doppelseitig beschriftetes DIN-A4-Blatt (undatiert) als Auslage bei der Anwohner-Informationsveranstaltung am 24.01.2017. Verfasser: Pfarrer E. Gahlbeck, EVFBS (als PDF öffnen)
[5] Ankündigung der „Anwohner-Informationsveranstaltung“ durch die Evangelische Kirchengemeinde Heilig Kreuz – Passion auf ihrer Website [Abrufbar unter: http//www.heiligkreuzpassion.de/veranstaltungskalender/event/…]. (als PDF öffnen)
[6] vgl. Das Baugelände (als PDF öffnen)
[7] vgl. Die Unterschriftsliste (als PDF öffnen)
[8] vgl. [2]
[9] vgl. [3]


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Bergmannfriedhoefe.de – 01. März 2018, aktualisiert: 1.7.18