DER LEIDIGE BAUANTRAG WURDE GESTELLT! WAS NUN?

Der leidige Bauantrag wurde gestellt! Was nun?

Gegen viele Widerstände wurde der Bauantrag vom Evangelischen Friedhofsverband eingereicht. Wird man dort ein Einsehen haben und doch noch auf die Fachleute hören?

Als Eigentümerin hat die Evangelische Kirche trotz Bedenken der Anwohner, Kreuzberger und Berliner/innen 8.11.2019 (s. u. Nachtrag) im Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg einen Bauantrag für ein 5-stöckiges Gebäude auf dem Gelände des Friedrichs-Werderschen Kirchhofs eingereicht. Das „Grundstück“ soll ca. 3000 m² groß sein. Es befindet sich an der Jüterboger Ecke Golßener Straße. Dabei handelt sich um die Stelle, an der der Friedhofsverband seit längerem ein Stück des Friedhofs verschandelt und als Wirtschaftshof nutzt. „Das ist doch nur ein Komposthaufen!“ erfährt, wer beim Friedhofsverband nachfragt. Es ist alles getan worden, um hier einen Müllhaufen zu inszenieren. Dabei ist das „Grundstück“ nach wie vor als Friedhof ausgewiesen, nicht „entweiht“ und auch Gräber befinden sich dort, wenn auch nicht viele. Sonder-Paragraph 246 Baugesetzbuch, der bis 31.12.2019 das Bauen im sog. Außenbereich ermöglichen soll, kann hier, da es sich um ein Berliner Flächen- bzw. Landesdenkmal handelt, nicht angewandt werden. Somit könnte auf den Friedhöfen an der Bergmannstraße nur dann gebaut werden, wenn das Berliner Landesdenkmalamt (oberste Fachbehörde) doch noch zustimmen sollte oder aber die Senatsverwaltung für Kultur und Europa zu Gunsten der Evangelischen Kirche eingreifen würde. Am 10.10.2019 fand durch den Landesdenkmalrat eine Begehung unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Am Folgetag, dem 11.10. gab dieser zur Bebauungsfrage eine Empfehlung, de facto eine Nicht-Empfehlung, ab, die am 30.10.2019 auf der Website der Senatsverwaltung für Kultur und Europa veröffentlicht wurde. Hier gekürzt:

Bei dem zur Diskussion stehenden Neubauprojekt „Wohnen für Geflüchtete“ des Evangelischen Friedhofsverbandes handelt es sich um ein fünfgeschossiges Gebäude mit Unterkellerung und einer Länge von […] Ein B-Plan liegt nicht vor, der FNP [Flächennutzungsplan, d. Red.] sieht Friedhofsfläche vor, der FEP (Friedhofsentwicklungsplan) die Umnutzung zur Grünfläche. Das Baufeld resultiert nicht aus städtebaulichen Überlegungen. Es überlagert eine der als Alleen ausgebildeten Hauptachsen […]. Der Denkmalwert des Friedrichs-Werderschen Friedhofs und der angrenzenden Friedhöfe ist unstrittig. Ein Baukörper des geplanten Ausmaßes und der vorgesehenen Positionierung wird die Lesbarkeit und Substanz des Gartendenkmals beeinträchtigen. […] der geplante Neubau an dieser Stelle städtebaulich nicht hinreichend durchdacht ist und auf die Struktur des Friedhofs keine Rücksicht nimmt. Da es sich nicht um eine temporäre Maßnahme handelt, sondern letztendlich um eine generelle Umwidmung in Wohnbauflächen, sind keine Ausnahmetatbestände erkennbar. Der LDR […] regt in diesem konkreten Fall jedoch an, für den geplanten Neubau einen alternativen Standort zu finden.

Zusammensetzung des Landesdenkmalrates (Dessen Mitglieder werden vom Senat auf Zeit berufen): Marcia Haldemann, Prof. Dr. Matthias Noell, Prof. Dr. Michael Krautzberger, Prof. Thomas Will, Dipl.-Ing. Jórunn Ragnarsdóttir, Prof. Volker Staab, Prof. Dr. rer.pol. Kristin Wellner, Dr.-Ing. Sylvia Butenschönn, Erik Roßnagel, Dipl.-Ing. Christine Edmaier, Prof. Dipl.-Ing. Frank Prietz, Prof. Dr. Elisabeth Merk

Die Gegner einer Bebauung auf diesen Flächendenkmalen appellieren an jene, die demnächst über den Bauantrag befinden werden, die Argumente und Sorgen der vielen Fachleute zu berücksichtigen und das abwegige, von einigen Pfarrern der Evangelischen Kirche vorangetriebene („lukrative“) Projekt für gerade einmal 165 Menschen (Eine andere Quelle spricht von nur 141 Personen!) abzulehnen. Es wäre ein zu tiefer Eingriff in das Landesdenkmal. Es wird auch daran erinnert, dass sich bereits Ende 2016 über 3500 Berliner/innen bei einer Straßenumfrage rund um diese Friedhöfe namentlich gegen das Projekt ausgesprochen haben. Auch Naturschützer sind alarmiert. Auch deshalb wurden die markierten Bäume, die einem Neubau weichen sollen, fotografiert und vermessen. Einer von ihnen – eine Eiche – hat dem Friedhofsverband bereits „die Stirn geboten“ (Strafandrohung bei Fällung: 50.000 €). Weitere Bäume, die keine Nummer erhalten haben, sollen sich auf dem Baugrundstück befinden.

Nachtrag: Erst im Januar 2020 stellten wir fest, dass der Bauantrag am 8. November 2019 gestellt wurde (siehe Pressemitteilung der Ev. Friedhofsverbandes, die von uns am 29.01.2020 veröff. wurde).

Bergmannfriedhoefe.de – 16. Oktober 2019, letztmals aktualisiert: 29.1.20