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AUFTAKTVERANSTALTUNG FRIEDHOFSPARK (Beobachtungen / Anmerkungen)

Die Auftaktveranstaltung „Friedhofspark“ am 8. März 2018 auf dem Alten Luisenstädtischen Friedhof an der Bergmannstraße (Beobachtungen und Anmerkungen)

Nach einführenden Worten ging es vom Treffpunkt zu Fuß zu dem 2,6 Hektar großen Teilstück, welches laut Planung des Evangelischen Friedhofsverbandes in einen „Friedhofspark“ umgewandelt werden soll, also in einen Ort, der sowohl den Ansprüchen an einen Friedhof als auch denen an einen Park genügen soll.

Der Treffpunkt: „Alter Luisenstädtischer Kirchhof“ (Bild: 8.3.18)

Das Publikum staunte, als es von den Plänen für einen Friedhofspark erfuhr. Sogar ein neuer Eingang sei angedacht, hieß es. Dieser soll sowohl den Zutritt zu denkmalgeschützen Grabstellen als auch zu allerlei Veranstaltungen und den, auf diesem Teilstück vorkommenden, Pflanzen- und Tierarten erleichtern. Dass auf diese Weise vom Columbiadamm zum Südstern ein Trampelpfad entstehen könnte, wurde zur Verwunderung der Anwesenden aber genauso ausgeschlossen wie etwa Vandalismus. Ob und gegebenenfalls wie der geplante Friedhofspark von dem restlichen Gelände abgegrenzt werden könnte, wurde hingegen nicht angesprochen.

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Das Gelände links des Flatterbandes soll „Friedhofspark“, d.h. Friedhof und Park, werden. Das rechtsgelegene Gebiet soll hingegen Friedhof bleiben. (Bild: 12.3.18)

Für eine Beurteilung der Angelegenheit ist m. E. das Folgende nicht unwichtig: Die Friedhöfe an der Bergmannstraße „gehören zu den störungsärmsten und ruhigsten urbanen Lebensräumen und fungieren als inselartige, grüne Rückzugsräume in der Großstadt. […] Im Verbund mit der Hasenheide im Osten, dem Tempelhofer Feld im Süden, sowie weiteren Neuköllner Friedhöfen im Südosten ergeben die Friedhöfe an der Bergmannstraße ein ausgedehntes Trittsteinbiotop in mittelferner Umgebung zu Berlins Innenstadt“, so in einem lesenswerten Aufsatz von Bauer, Adler und Poloszek. Die NABU-Bezirksgruppe Friedrichshain-Kreuzberg weist auf Folgendes hin: „Die Friedhöfe an der Bergmannstraße und insbesondere der flächengrößte von ihnen, der Alte Luisenstädtische Friedhof, zählen zu den bedeutendsten innerstädtischen Grünanlagen Berlins.“ Die „Erfassung des Vogelbestands hat für den gesamten Friedhofskomplex eine hohe Arten- und Individuendichte ermittelt, die es in dieser Innenstadtlage sonst kaum gibt.“ (NABU ebenda) Für Letzteres macht der NABU vor allem drei Ursachen verantwortlich. Erstens: extensive Pflege von Friedhofsbereichen, zweitens: Strukturreichtum und kleinteilige Diversität unterschiedlicher Biotope sowie drittens: Störungsarmut.

Um den für den Naturschutz nützlichen Charakter des Friedhofs zu erhalten, lehnt der NABU einen zusätzlichen Eingang und jegliche Baumaßnahmen ebenso ab, wie die Durchführung dem Charakter eines Friedhofs nicht entsprechender Veranstaltungen. Offensichtlich wurde dies von den Veranstaltungsbesuchern nicht anders gesehen.

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Hier könnte der neue Zugang zum Luisenstädtischen Friedhof entstehen. (Bild: 12.3.18)

Nach der Begehung lud die STATTBAU Stadtentwicklungsgesellschaft mbH zur weiteren Präsentation des Konzepts in die Friedhofskapelle. Die meisten folgten der Einladung. May Buschke von STATTBAU gab sich redlich Mühe, das Friedhofspark-Konzept für die 2,6 Hektar große Fläche anzupreisen. Gleichwohl meldeten im Anschluss an ihren Vortrag viele Anwesende Einwände in Form von kritischen Fragen und eigenen Statements an. Wurde der artikulierte Widerspruch allzu heftig, griff der Pfarrer Gahlbeck von der Geschäftsführung des Friedhofsverbandes lenkend in die Debatte ein. Die Kritik sollte wohl möglichst unbedeutend bzw. marginal erscheinen. Damit scheiterte er aber ebenso wie Frau Buschke und ihre Kollegin. Einige Anwesende ergriffen die Gelegenheit, ihre Kritik auf farbigen Tafeln zu verschriftlichen (siehe nachfolgende Fotos):

Es überrascht, dass Stattbau in seiner Dokumentation darauf hinweist, dass sich einige Leute „aufgrund der dominierenden Stimmung von Befürworter*innen des Erhalts der Ist-Situation nicht zu Wort melden wollten. Daher haben sie ihre Wünsche erst nachträglich geäußert: – Schaffung von Sitzgelegenheiten, – besser befestigte Wege in Teilbereichen, – geschützte Plätze, – Raum für Kunstprojekte.“ Wenden wir uns also besser der Finanzierungsfrage zu.

Die Frage, wie der Umbau finanziert werden könne, spielte während der Veranstaltung nur eine untergeordnete Rolle. Pfarrer Gahlbeck brachte sogenannte BENE-Mittel ins Spiel, die aber noch zu beantragen seien. Er bezog sich auf Mittel, welche die EU dem Senat für nachhaltige Entwicklungsprogramme zur Verfügung gestellt hat. Diese Mittel sollen dazu dienen, Berlin bis 2050 zu einer „klimaneutralen Stadt“ zu machen. Die Höhe der Förderung soll sich daran messen, wie viele sogenannte CO2-Äquivalente mit dieser Maßnahme eingespart werden können. Ob solcherart Äquivalente an anderer Stelle in Berlin nicht einfacher und besser generiert werden könnten, wurde auffälligerweise nicht erörtert.

Unten: Hier soll das rechts des Flatterbandes gelegene Gelände „Friedhofspark“ werden. Das links gelegene Gebiet soll seine alte Bestimmung behalten. (Bild: 12.3.18)

Ebenfalls wurde nicht angesprochen, ob der Ist-Zustand des Geländes nicht schon heute eine besonders gute Ökobilanz aufweist. Könnte diese nicht durch einfache Maßnahmen wie mehr Grün oder eine „Verdichtung des Bewuchses durch Anlage von Hecken und Strauchgruppen“ (NABU) weiter verbessert werden? Sollte man nicht fragen, ob für den Umbau dieses Teilstücks in einen Friedhofspark wirklich die Inanspruchnahme von BENE-Mitteln erforderlich ist? Auch drängt sich m. E. die Frage auf, ob die Evangelische Kirche ihre Friedhöfe nicht weiterhin mit ihren eigenen, reichlich vorhandenen Mitteln bewirtschaften sollte und den Zugriff auf EU-Fördermittel besser jenen überließe, die finanziell schlechter dastehen. Immerhin wurde während der Veranstaltung auch erwähnt, dass die Kirche in der Vergangenheit beträchtliche Gewinne mit ihren Friedhöfen erwirtschaftet hat, heute jedoch nicht auf das einst Erworbene zugreifen und stattdessen lieber aktuelle Einbußen vergesellschaften will.

Der vom Friedhofsverband artikulierte Wunsch, die Bergmannfriedhöfe durch Einrichtung solcher Mätzchen wie einen Friedhofspark attraktiver für Menschen zu machen, die nach einer Grabstätte für Angehörige oder gar sich selbst suchen, kann natürlich nicht endgültig bewertet werden. Schon gar nicht vom Friedhofsverband selbst, der hier auftritt als wäre er Immobilienmakler für Ferienwohnungen oder Seegrundstücke. Bekanntlich kennt der Tod nicht nur keine Wiederkehr, auch ist er wohl nicht der geeignete Partner für schnelles Geldhacken. Schon geben sich Angehörige zu erkennen, die überlegen, wegen dieser Pläne ein bestehendes Grab aufzugeben.

Irgendwo – 12.3.2918, 15:42

Auffällig ist, dass im Bezug auf das Friedhofsgelände an der Bergmannstraße im öffentlichen Geschwätz längst nicht mehr die traditionellen verlogenen Bezeichnungen wie „Orte des Friedens“, „letzte Ruhestätte“ oder „Platz der Besinnung“ Anwendung finden, sondern, wie Michael Unfried in der Kreuzberger Chronik unlängst richtig feststellte – „von einem Ort für Kunst und Kultur die Rede [ist]; von Open-Air-Abschiedsfeiern, einem Hörparcours, Installationen, einer Rasenbank zum Ausruhen, vielleicht sogar von Liegeplätzen für die Sterblichen zwischen den schon Gestorbenen.“

  • Irgendwo - 13.4.2018

Mit Ausnahme der Vortragenden waren sich wohl alle Teilnehmer einig, dass der vorhandene Friedhof in all seinen traditionellen Funktionen zu schützen sei und es das Beste wäre, wenn den krass-dubiosen Plänen des Friedhofsverbandes und der geldgierigen Institution hinter ihm eine kräftige Abfuhr erteilt würde.

Klaus Lückert


Literatur

– Juliane Bauer, Manfred Adler, Asgar Poloszek: „Naturvielfalt Friedhof: Über die Friedhöfe an der Bergmannstraße“, In: Natur in Berlin, Ausgabe 1/2015, S. 12-13
– Thomas Frey: „Ein Park zwischen Gräbern: Pläne auf dem Luisenstädtischen Friedhof stoßen auf Argwohn“, In: Berliner Woche, 16.03.2018, [https://www.berliner-woche.de/kreuzberg/c-kultur/ein-park-zwischen-graebern-plaene-auf-dem-luisenstaedtischen-friedhof-stossen-auf-argwohn_a144781]
– NABU-Bezirksgruppe Friedrichshain-Kreuzberg: „Stellungnahme bzgl. des geplanten Friedhofsparks auf Teilbereichen des Alten Luisenstädtischen Friedhofs.“, ohne Datum
– STATTBAU Stadtentwicklungsgesellschaft mbH: „Dokumentation der Auftaktveranstaltung zum „Friedhofspark“ am 08.03.2018“, 10.04.2018
– Michael Unfried: „Park oder Friedhof“, In: Kreuzberger Chronik (Mai 2018 / No . 199), S. 22-27
– Ev. Friedhofsverband Berlin Stadtmitte: „Der Friedhofspark. Alter Luisenstädtischer Friedhof. Berlin Kreuzberg.“ [https://evfbs.de/fileadmin/user_upload/download/friedhoefe_regionen/alu/alu_friedhofspark_faltblatt.pdf]
– Ev. Friedhofsverband Berlin Stadtmitte: „Grüne Nutzungen von Friedhofsflächen“ [https://evfbs.de/index.php?id=54&tx_news_pi1%5Bnews%5D=36&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&cHash=d1dca5a0ca0c2dba9c29852c236038b7]
– STATTBAU Stadtentwicklungsgesellschaft mbH im Umweltforum Auferstehungskirche: „Beratung des Evangelischen Friedhofsverbands Berlin Stadtmitte“ [http://stattbau.de/index.php?id=142&no_cache=1&tx_jtfprojects_pi1%5Buid%5D=115&tx_jtfprojects_pi1%5BbackPid%5D=]
– STATTBAU Stadtentwicklungsgesellschaft mbH im Umweltforum Auferstehungskirche: „Auftaktveranstaltung am 08.03.2018“ [http://stattbau.de/index.php?id=131&tx_ttnews%5Btt_news%5D=412&cHash=4b95a93d65944118529e1f19d6cb034e]


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Bergmannfriedhoefe.de – 1. Juni 2018 (aktualisiert: 19.8.2018)